Für die Bewohner zwischen Arenberg-, Hasebrink- und Ruhrglasstraße ist die Gartenwelt nicht mehr in Ordnung. Nachdem sie bis zu 40 Jahre lang ihre oft kleinen und balkonlosen Wohnungen durch ein Stück Grün hinter dem Haus aufwerten konnten, sollen sie jetzt das Feld räumen. Die Verhältnisse bereinigen, nennt die Viterra das.
Hinter den Mehrfamilienhäusern sieht es aus, wie in so manchem Innenbereich des Essener Norden. Kleine Gärten grenzen aneinander, moderne Baumarktlauben, alten Ställen, die nicht mehr Hühner oder Ziegen, sondern Gartenstühle oder Autos beherbergen. Vieles hat sich durch Zufall ergeben und durch Gewohnheit gefestigt.
Plötzlich aber hing an kleinen Gebäuden ein Schreiben, in dem die Viterra noch für März den Abriss festsetzte. Zwar wurde die Frist nach ersten Protesten um vier Wochen verlängert, doch für die Karnaper kommt das immer noch viel zu plötzlich. „Wohin soll ich mit all’ den Sachen?“ Die Frage einer Mieterin ist typisch für viele, die nicht ohne weiteres die Gartenmöbel im Keller unterbringen können. Vom Auto ganz zu schweigen. Abschied müssen sie aber auch von lieben Gewohnheiten nehmen: „Wir haben doch immer unsere Sommer im Gartenhaus verbracht“, berichten sie.
Thomas Kutschaty, Vorsitzender des Mieterschutzbundes Essen-Nord und SPD-Landtagskandidat, hält die Kündigung juristisch für fraglich und bedauert, dass das Wohnungsunternehmen nur finanzielle, aber keine sozialen Aspekte berücksichtige.
Lothar Schneider, Abteilungsleiter bei der Viterra-Niederlassung Essen, hat Verständnis für einen Mieter, der ausrechnet, das im Laufe der Zeit etwa 7.000 Euro in sein Stück Garten investiert wurden, welches nun wegfallen soll: „An Ihrer Stelle wäre ich genauso betroffen.“ Schneider stellt aber auch klar, dass die Viterra mit ihrem Wohnbesitz Geld verdienen müsse. Zwar sei bisher keine konkrete Baumaßnahme geplant. Irgendwann werde man im Hinterland vielleicht bauen; alles andere sei Spekulation. Um jedoch überhaupt vermesserische Arbeiten durchzuführen, müssten Lauben, weichen und generell gelte: „Aus bauordnungsrechtlichen Gründen müssen wir so handeln.“
Das Unternehmen will 15 Häuser mit je fünf Wohnungen verkaufen. Für eines hatte sich bald ein neuer Eigentümer gefunden. Auf dessen Maßnahme macht Lothar Schneider aufmerksam: Ein rot-weißer Pfosten verhindert die Durchfahrt aufs Grundstück. Um weitere Verkäufe zu ermöglichen, müssten die ungeregelten Garagenzufahrten verschwinden, weshalb Garagen und zahlreiche hölzerne Lauben weichen sollen. Den Abriss will die Viterra bezahlen. Die großen Ställe dürfen bleiben. Ohne die Änderung würde nach der neuen Parzellierung eine Garage halb auf diesem, halb auf dem Nachbargrundstück stehen. Ein unhaltbarer Zustand, wie Lothar Schneider betont. Die restlichen Gartenstücke sollen die Mieter weiter nutzen dürfen. Auch bietet die Viterra den Bau eines zentralen Garagenhofes an. Auf die Frage, wie viele Mieter davon Gebrauch machen würden, hebt Guido Reil vom SPD-Ortsverein die Schultern: „Das ist eine Frage des Geldes. So eine Garage wird nicht unter 40 Euro im Monat zu haben sein.“ Die bisherige Lösung war kostenlos.
Noch während des Ortstermins wird der Viterra-Plan modifiziert. Erleichterung bei manchen Mietern. Die anderen blicken sehnsüchtig auf die gegenüberliegende Straßenseite. Dort sieht es im Innenbereich nicht viel anders aus, aber soweit reichen die Pläne nicht: “Die haben Glück gehabt.“