Auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU und FDP hat sich der Landtag in einer Aktuellen Stunde mit der Kriminalitätsentwicklung in NRW auseinandergesetzt. Beide Fraktionen wiesen auf Entwicklungen hin, bei denen sie in Folge der Politik der Landesregierung Verbesserungen erkannten. Die Opposition bezweifelte, dass die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) des Jahres 2006 in dieser Weise auszulegen ist.
Theo Kruse (CDU) zeigte sich erfreut über den Umstand, dass nach 2005 die Anzahl der polizeilich erfassten Straftaten im vergangenen Jahr erneut zurückgegangen sei – bei gleichzeitig steigender Aufklärungsquote: "Das ist eine außerordentlich positive Entwicklung. Denn damit ist auch das Entdeckungsrisiko für Rechtsbrecher gestiegen", betonte der Abgeordnete. Aber man könne nicht innerhalb von knapp zwei Jahren und voraussichtlich auch nicht innerhalb einer Wahlperiode die Fehlentwicklungen der vergangenen zehn bis 15 Jahre korrigieren, setzte Kruse fort und unterstrich, für die schwarz-gelbe Landesregierung bleibe die innere Sicherheit als Thema "ganz oben auf der Tagesordnung". Sie werde auch nicht der desolaten Haushaltslage geopfert, versprach er.
Horst Engel (FDP) meinte auch, als vor 20 Monaten Schwarz-Gelb die Verantwortung übernommen hat, "war es um den Bereich der inneren Sicherheit in Nordrhein-Westfalen nicht so gut bestellt". Die "Hinterlassenschaft von Rot-Grün", festgemacht an den Zahlen der Kriminalitätsstatistik, spreche Bände: "Das Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, stieg von 2000 bis 2004 um 14,8 Prozent. Die Aufklärungsquote verschlechterte sich im gleichen Zeitraum von 49,1 auf 47,8 Prozent." Seit der Regierungsübernahme habe Schwarz-Gelb mit einer Fülle von Maßnahmen wesentlich neue Akzente gesetzt. Das trage jetzt Früchte: "Wir haben jetzt das zweite Jahr in Folge weniger Straftaten und dafür eine höhere Aufklärungsquote."
Thomas Kutschaty (SPD) zog mit Hinweis auf statistische Probleme die Aussagekraft der Kriminalitätsstatistik in Frage. Er verwies auch auf das "Organisationschaos" bei der Polizei, für das der Innenminister die Verantwortung trage: Da müsse man der Polizei tatsächlich einen Dank aussprechen, "dass die Aufklärungsquote trotz dieses Innenministers noch gesteigert werden konnte". Bei der Auslegung der Zahlen sei Vorsicht geboten, stellte der Abgeordnete weiter fest. Der Rückgang, etwa bei den Kraftfahrzeugdiebstählen, sei kein Verdienst dieser Landesregierung, sondern Folge des Einbaus von elektronischen Wegfahrsperren. Wer über zurückgehende Zahlen rede, müsse auch die Steigerungen in den Blick nehmen, etwa die Zunahme der Mordfälle um 9,3 Prozent. "Dazu haben Sie nichts gesagt", hielt er den Sprechern der Koalition vor, "ist das auch eine Auswirkung der neuen Landesregierung", wollte er wissen.
Monika Düker (GRÜNE) nannte das Vorgehen, die polizeiliche Kriminalitätsstatistik als "Munitionslager" anzusehen, als "schlicht und einfach unseriös". Die Rückgänge seien nicht auf die Regierung, sondern darauf zurückzuführen, dass die Behörden mit strukturellen Maßnahmen reagiert und in Aufklärung und Sicherheitsberatung, etwa zur Vermeidung von Wohnungseinbrüchen, investiert habe. Bei Gewaltdelikten habe die PKS keine Aussagefähigkeit zur tatsächlichen Kriminalitätsentwicklung, betonte Düker. Da wisse man auch ohne Statistik, dass Gewalt männlich und jung sei. Hier gebe es ein geändertes Anzeigeverhalten und neue Möglichkeiten, solche Delikte online anzuzeigen. Es zeige sich außerhalb der Statistik, "dass die Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft besorgniserregend sowie auf einem hohen Niveau ist". Dagegen könne man etwas tun – nicht aber das, was die CDU vorschlage: geschlossene Unterbringung, Anwendung des Erwachsenenstrafrechts, überall Videoüberwachung und die Ausweisung von jugendlichen ausländischen Straftätern.
Innenminister Dr. Ingo Wolf (FDP) bekräftigte die positive Tendenz der PKS: "Die Straftaten insgesamt nehmen ab, und die Aufklärungsquote nimmt zu." Früher sei die Kriminalität in Schulen oder unter Jugendlichen unter den Tisch gekehrt worden. Das geschehe in dieser Regierung nicht, die wolle wissen, was in der Gesellschaft passiert und dann konzentriert die Ursachen dieser Gewalt bekämpfen: "Es ist doch völlig klar, dass Polizei und Justiz allein nicht als Reparaturbetrieb der Gesellschaft auftreten können. Wir brauchen einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz zur Ächtung und Bekämpfung von Gewalt." Die Landesregierung setze auf bessere frühkindliche Betreuung und weitere Maßnahmen, "um keine Verlierer zu produzieren". Wo Prävention aber fehlschlage, brauche man Repression: "In diesem Bereich hat sich die Polizei unter der neuen Landesregierung und gerade in letzter Zeit noch besser aufgestellt", erklärte der Minister und wertete die "Kombination aus einer guten Sozial- und Bildungspolitik mit einer konsequenten Repression durch die Polizei als das beste Mittel, um im Bereich der Gewalttaten noch bessere Ergebnisse zu erzielen".
Quelle: Landtag intern