Mehr Fälle und Richter an das Amtsgericht?

Die ergebnisoffene Prüfung des Landes hat ergeben, dass durch eine Schließung der Amtsgerichte in Borbeck und Steele nicht zu sparen sei und deshalb eine Zusammenlegung der Standorte an die Zweigertstraße vorläufig nicht in Frage komme. Die Gerichte bleiben also, doch auch die Bürger- und Verkehrsvereine Borbeck und Steele und der Essener Anwalt- und Notarverein haben ihrerseits ergebnisoffen geprüft und sind zu einem weitreichenderen Ergebnis gekommen: Satt einer Schließung fordern sie mehr Kompetenzen.

Vor vielen Jahren wurden den Amtsgerichten in Steele und Borbeck die Aufgabenbereiche Bußgeldsachen, Jugendsachen und Schöffensachen weg genommen und genau die, sollen laut Thomas Grosse vom Essener Anwalt- und Notarverein, wieder zurück in die Vororte: „Es gibt an beiden Stadtorten genügend Platz für zwei weitere Richter und deren Gefolge von Mitarbeitern. Auch Sitzungssäle sind ausreichend vorhanden.”

Das würde bedeuten, dass rund 2.000 mehr pro Jahr in Borbeck bearbeitet würden. Das stärkt natürlich das Gericht in Borbeck und entlastet das Amtsgericht, das sich mit dem Landgericht unter einem Dach befindet. „Es herrscht dort große Platznot”, weiß Grosse. „Doch wenn die Verlagerung stattfände, dann gäbe es auch für die Referendare wieder Platz.”

Über die Kosten haben sich der Borbecker Anwalt und seine Mitstreiter natürlich auch Gedanken gemacht und sie meinen, man könne dadurch insgesamt sogar sparen: „Wenn man Fälle und Verhandlungen nach Borbeck und Steele verlagert, dann muss man an der Zweigertstraße keinen neunen Saaltrakt – der jetzige ist total marode – bauen. Dann reichen die vorhandenen aus dem Hauptgebäude völlig aus”, erklärt Rechtsanwalt Ralf Bockstedte. Er sieht das ganze noch von einer anderen Seite: „Borbeck und Steele sind viel behindertengerechter”, weiß der Rollstuhlfahrer aus Erfahrung. „Und wenn man den Saaltrakt nicht mehr bräuchte, wäre auch eine große Barriere für Behinderte überflüssig. In Borbeck kommt man beispielsweise überall viel leichter hin. Das wäre eine große Erleichterung."

Eine Erleichterung wäre auch der kürzere Weg aller Borbecker, die am Gericht etwas zu erledigen hätten. Darauf legt auch der Borbecker Bürger- und Verkehrsverein großen Wert. Und der SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Kutschaty, der selbst eine Kanzlei in Borbeck hat, kennt noch einen weiteren Vorteil der Verlagerung: „Wenn die Richter ein kleineres Gebiet bearbeiten kennt sie sich sehr viel besser dort aus, wissen wie die unfallträchtigen Straßen aussehen und sie kennen das Milieu. Das ist im Bereich der Jugendkriminalität sehr wichtig.”

Ob der Essener Vorschlag umgesetzt wird, kann nur die Landesjustiz ministerin Roswitha Müller-Piepenkötter entscheiden. „Welche Kompetenzen die einzelnen Gerichte haben, wird in der Rechts verordnung geregelt und die ob liegt nicht dem Landtag, sondern der Ministerin”, so Kutschaty. Er will aber mit seiner Fraktion die Ministerin „daran erinnern”. meho