Spitzel-Affäre bringt Wolf unter Druck

Von THEO SCHUMACHER
NRW. Mehrere V-Leute in der rechten Szene nach Panne offenbar enttarnt. Staatsanwalt ermittelt gegen Verfassungsschützer. DÜSSELDORF. Die Zeiten sind rau für Ingo Wolf. Nach den Mafia-Morden von Duisburg konnte der NRW-Innenminister bisher nicht den Vorwurf zerstreuen, es habe im Vorfeld "Fahndungspannen" gegeben. Die Opposition wirft ihm vor, zu "mauern" anstatt aufzuklären.

Doch die nächste Woche dürfte für den nicht unumstrittenen FDP-Mann noch ungemütlicher werden. Die Affäre um einen V-Mann des Verfassungsschutzes im rechtsradikalen Milieu weitet sich aus und erreicht den Landtag.

"Schweigen und verdrängen – das ist die bisherige Politik des Innenministers", wirft ihm der SPD-Rechtspolitiker Thomas Kutschaty vor. Er sprach gestern von einem "schweren Rückschlag" für die Innenbehörden, da dem Kampf gegen Rechtsextremismus in NRW "großer Schaden" entstanden sei. Die SPD bezieht sich auf Berichte, nach denen bis zu zwölf V-Männer des Verfassungsschutzes in der ostwestfälischen Neonazi-Szene durch eine Panne enttarnt wurden.

Nach Angaben der "Frankfurter Rundschau" kursieren auf einschlägigen Internetseiten bereits Listen mit den Namen der aufgeflogenen Informanten. Gleichzeitig werde dort zum Ausschluss der "Verräter" und einer entsprechenden "Behandlung" aufgerufen. Auch die Justizministerin, Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU), soll am kommenden Mittwoch im Rechtsausschuss des Landtags zu den Vorgängen Rede und Antwort stehen.

Ausgangspunkt ist der unter anderem wegen Waffenhandels und Körperverletzung vorbestrafte Sebastian S., der jahrelang für den Verfassungsschutz in der rechten Szene arbeitete, weil er dort über "gute Kontakte" verfügte (die NRZ berichtete). Der V-Mann flog auf, als ein Freund ("Wir sind zusammen durch dick und dünn gegangen") seinen Namen in einem Prozess nach einem bewaffneten Raubüberfall erwähnte. Eine anschließende Telefonüberwachung durch die Polizei ergab, dass S. fast täglich mit seinem V-Mann-Führer beim NRW-Verfassungsschutz telefonierte. Doch noch mehr kam auf Umwegen heraus: Eine Liste des V-Mann-Führers mit Telefonprotokollen und Handy-Nummern weiterer Spitzel in der rechten Szene gelangte in die Ermittlungsakte – und nun an die Öffentlichkeit.

S. sitzt seit Mitte August in Untersuchungshaft. Er soll mit Kokain "in nicht geringen Mengen" gehandelt haben. Aber auch gegen einen Mitarbeiter des Verfassungsschutzes wird wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat und Strafvereitelung ermittelt. Er soll S. vor der Fahndung durch die Polizei gewarnt haben, um den V-Mann weiterhin für Schnüffeldienste einsetzen zu können. Unter anderem soll er S. geraten haben, besser eine abhörsichere öffentliche Telefonzelle zu benutzen, als mit seinem privaten Handy zu telefonieren.

Das Innenministerium hält sich bedeckt. "Der Verfassungsschutz verhindert auf keinen Fall die Strafverfolgung von V-Leuten", sagt Wolfs Sprecher Ludger Harmeier knapp. Der Opposition genügt das nicht. "Wir haben es hier offenbar mit einer strukturell bedingten Grauzone in der Zusammenarbeit von Verfassungsschutz und Polizei zu tun", so die Grüne Monika Düker. Für den SPD-Abgeordneten Ralf Jäger steht bereits fest: "Das ist ein Problem der Spitze des Ministeriums."

  • Quelle: NRZ