V-Mann-Affäre bringt Innenminister Wolf in Bedrängnis

VON ANNIKA JOERES
Düsseldorf. Der V-Mann-Skandal in Nordrhein-Westfalen hat ein politisches Nachspiel: Am heutigen Mittwoch muss NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) im Innenausschuss des Landtages über Pannen seiner Verfassungsschützer Auskunft geben. Der Geheimdienst soll den schwerkriminellen V-Mannes Sebastian S. in der rechtsradikalen Szene Ostwestfalens beschäftigt und vor Strafverfolgung geschützt haben.

"Das liegt in der Verantwortung des Innenministers", sagte der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom der Frankfurter Rundschau. Der Minister müsse für die politische Kontrolle des Verfassungsschutzes sorgen. "Sonst muss er seinen Hut nehmen", sagte Schmidt-Eenboom. Er leitet das Forschungsinstitut für Friedenspolitik in Weilheim und ist Verfasser zahlreicher Bücher über Geheimdienste.

Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen unbekannte V-Mann-Führer. Ihnen wird Strafvereitelung und Geheimnisverrat vorgeworfen. Über den Stand der Ermittlungen will die Behörde keine Auskunft geben, "weil der Verfassungsschutz immer nahe an der Geheimhaltungspflicht liegt", so Oberstaatsanwalt Reinhart Baumgart zur FR. Offenbar ist der Fall aber so brisant, dass keine Behörde sich seiner annehmen wollte. Noch vor einer Woche sollte die Staatsanwaltschaft Düsseldorf die Ermittlungen übernehmen.

Für Schmidt-Eenboom ist klar: "Hier wurden die Mittel des Rechtsstaates eindeutig überschritten." V-Männer dürften nicht schwerkriminell sein und schon gar nicht vor polizeilichen Ermittlungen geschützt werden. Der Verfassungsschutz aber "ist so sehr darauf erpicht, seine Quellen zu schützen, dass er selbst illegale Machenschaften begünstigt". Solange die Länder um Informanten konkurrierten, werde das weiter so sein. Offenbar gilt ein krimineller V-Mann als besonders gute Quelle, weil er von der Szene akzeptiert wird: "Wir brauchen eine Bundesbehörde und nicht 16 konkurrierende Geheimdienste."

Bis zu zwölf Spitzel aufgeflogen

In Ermittlungsunterlagen standen die Verbindungen von V-Mann Sebastian S. zu seinem V-Mann-Führer beim Verfassungsschutz sowie dessen Verbindungen zu bis zu zwölf V-Männern. Ein Rechtsanwalt der rechten Szene hatte Zugang zu den Akten. Experte Schmidt-Eenboom glaubt, dass die Neonazis in der für Größe und Gewaltbereitschaft bekannten Szene Ostwestfalens "jetzt freihändig agieren" können.

"Mit jedem Tag ergeben sich in dieser Affäre neue Fragen, und die Landesregierung bleibt zufriedenstellende Antworten schuldig", sagte der Innenexperte der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Kutschaty. Dem Kampf gegen Rechtsextremismus sei großer Schaden entstanden. Heute wird sich herausstellen, wie groß der Schaden für Innenminister Wolf ist.

  • Quelle: Frankfurter Rundschau