Fachpublikum ist sich einig: „Das KiBiz wirkt als Spargesetz“

Gut 60 Erzieherinnen und Erzieher sowie interessierte Eltern folgten am vergangenen Dienstag einer Einladung der Essener SPD-Landtagsabgeordneten Britta Altenkamp und Thomas Kutschaty zu einem Fachgespräch über das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) der schwarz-gelben Landesregierung in die AWO-Kantine. Neun Monate nach in Krafttreten des angeblich modernsten Kita-Gesetzes Deutschlands luden Altenkamp und Kutschaty ein, um in eine breite Diskussion darüber zu treten und zu bilanzieren, welche Versprechungen das KiBiz gehalten hat, welche Probleme sich aus dem Gesetz vor Ort ergeben und wo dringender Nachbesserungsbedarf besteht.

Altenkamp, zugleich stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag NRW und in dieser Funktion zuständig für den Bereich Kinder und Familie, stellte in ihrem Vortrag heraus, dass das KiBiz weder einen Bildungsauftrag definiert, noch die personelle und finanzielle Situation in den Einrichtungen verbessert habe. Das KiBiz wirke, so Altenkamp, "vor allem als unsoziales Spargesetz, unter dem allen voran die Einrichtungen und auch die Eltern zu leiden haben". Deutliche Zustimmung bekam Altenkamp hierfür von den Fachkräften, die mehr als nur einmal betonten, dass das KiBiz nur noch Versorgungsarbeit möglich mache und der Bildungs- und Betreuungsauftrag völlig abhanden gekommen sei.

Als ein Beispiel für die soziale Ungleichheit per Gesetz führte die SPD-Politikerin an, dass Eltern mit dem gleichen Jahreseinkommen von Kommune zu Kommune für die gleichen Leistungen unterschiedlich belastet werden. "Bisweilen kann ein Kita-Platz 427 Euro mehr kosten, nur weil Eltern in der ‚falschen‘ Stadt wohnen", berichtete Altenkamp. Auch in Bezug auf die Gebührenfreiheit für den Kita-Besuch ergeben sich erhebliche finanzielle Unterschiede: "Während in einer finanzschwachen Kommune wie Essen der Kita-Besuch nur bis zu einem Jahreseinkommen von 13.000 Euro beitragsfrei ist, profitieren Düsseldorfer Eltern derzeit von einer Beitragsfreiheit bis zu einem Jahreseinkommen von 24.500 Euro und brauchen in Kürze sogar gar keine Elternbeiträge mehr zu entrichten", so die SPD-Politikerin.

Auch SPD-Oberbürgermeisterkandidat Reinhard Paß betrachtet die Kita-Gebühren als Standortvor- bzw. -nachteil für eine Stadt, in dem Wettbewerb junge Familien für sich zu gewinnen. Daher wollen Paß und die SPD nach der Kommunalwahl am 30. August 2009 auch das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei gestalten. Eine entsprechende Forderung hat die SPD Essen in ihrem Kommunalwahlprogramm aufgestellt. "Langfristig", so Paß, "muss das Ziel aber lauten, den Besuch einer Kindertageseinrichtung komplett beitragsfrei zu ermöglichen". Für diese perspektivische Zielvorgabe erntete Paß viel Beifall von den anwesenden Gästen.