Lernen, wie Politik funktioniert

VON PASCAL HESSE Wie funktioniert der Stadtrat, wer wählt ihn und welche Befugnisse und Aufgaben hat der Oberbürgermeister? All das lernen 40 Schüler an der Gesamtschule Nord momentan beim „Planspiel Kommunalpolitik" der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) kennen: „Die Jugendlichen fragen sich, wer dafür verantwortlich ist, dass ein Schwimmbad geschlossen oder eine Sporthalle gebaut wird. Das wird ihnen hier beigebracht und außerdem sollen sie begreifen, dass sie selbst etwas von der Politik haben und mitgestalten können", sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Kutschaty, der das Planspiel initiiert hat.

In der Stadtrats-Simulation schlüpfen die Elftklässler in die fiktive Rolle eines Ratsmitglieds von CDU, SPD, den Grünen, der FDP oder der Linken: „Sie stellen Anfragen an die Stadtverwaltung und bereiten Anträge zu Themen vor, die ihnen wichtig sind", erklärt FES-Organisatorin Anne Haller.

„Lust auf Politik vor Ort machen"

„Das Planspiel Kommunalpolitik soll Lust auf Politik vor Ort machen und den Jugendlichen zeigen, dass Sie mit ihrer Stimme etwas vor ihrer Haustüre bewegen können", verdeutlicht Haller – und Ideen gibt’s genug: „Die Busse in Vogelheim fahren nicht oft genug. Außerdem gibt es hier zu wenig Freizeitmöglichkeiten für junge Menschen. Da ist es doch klar, dass Jugendliche, die auf der Straße unterwegs sind, kriminell werden", beklagt sich Marc Sesko (18).

Im Vergleich zum echten Rat, sind beim Planspiel alle Fraktionen gleich groß, was Ratsherr Markus Renner von den Linken zum Schmunzeln bringt: „Neun Leute in einer Fraktion – ganz schön viel für uns." Die Jugendlichen sind engagiert bei der Sache und haben wirklich gute Ideen. Im Antrag fordern sie den Bau einer Multifunktions-Sportanlage direkt neben der Schule." Damit der Antrag Erfolg hat, überlegen sie, welche Probleme eine solche Anlage bedeutet und wie sie damit umgehen: „Was könnten andere Fraktionen gegen eure Idee haben?" fragt Renner in die Runde: „Vielleicht gefällt ihnen der Standort nicht oder es ist für sie einfach viel zu teuer", vermutet ein junger Mann.

Über die städtischen Finanzen wird auch ein Stockwerk höher bei der CDU diskutiert: „Gegenargumente haben wir nur eins: Die Stadt hat kein Geld", erklärt OB-Kandidat Franz-Josef Britz (CDU) den Schülern, die in ihrem Antrag neue Spielplätze und Parkanlagen fordern: „Wie wäre es denn, wenn wir Wohltätigkeits-Aktionen in den Stadtteilen machen, um so an Geld zu kommen", entgegnet Marc Sesko, der wie seine Mitschüler in eine Fraktion gelost wurde. „Gute Idee", meint Britz.

In der SPD-Fraktion wird derweil über Bildung und Integration diskutiert und das ohne Ende: „Eigentlich hatten wir eine Pause verabredet, doch die Jugendlichen haben einfach weiterdiskutiert", sagt OB-Kandidat Reinhard Paß (SPD), der den Schülern bei einem Antrag für ein zentrales Jugendzentrum hilft.

In die Rolle der Ratsleute schlüpfen

„Wir fahren oft in die Innenstadt um einzukaufen oder unsere Freunde zu treffen, doch es gibt keinen schönen und zentralen Ort, an dem wir unsere Freizeit verbringen können", ärgert sich ein Schüler.

Ärger gibt’s auch in der Grünen-Fraktion: „Ich finde es nicht gut, dass immer mehr Schulen geschlossen werden", beklagt sich eine Schülerin im Gespräch mit der Grünen OB-Kandidatin Hiltrud Schmutzler-Jäger: „Es ist schön, mit den Jugendlichen so ungezwungen zu reden. Sie haben gute Ideen und wissen über viele Themen Bescheid."

Das Finale des Planspiels ist am 14. Mai im Rathaus. Dann nehmen die Jungen und Mädchen in ihren Rollen als fiktive Stadtverordnete im Ratssaal auf den Sitzen ihrer Pendants Platz und debattieren über ihre eigenen Anträge. Den Vorsitz der Sitzung führt Bürgermeister Norbert Kleine-Möllhoff. Wer wissen will, welche Themen den Jugendlichen in ihren Anträgen noch wichtig sind, kann die Sitzung von 13 bis 15 Uhr besuchen.

  • Quelle: NRZ / DerWesten.de