Auf den Spuren von Kutschaty und Kuhmichel

Drei Tage lang diskutieren, debattieren und argumentieren wie die echten Abgeordneten im NRW-Landtag in Düsseldorf – für Kevin Laabs und Constantin Wurthmann, beide Schüler der elften Klasse am Don-Bosco-Gymnasium, wurde das Realität. Beim Jugend-Landtag durften die beiden Schüler jeweils einen der 187 Parlamentarier vom 28. bis zum 30. Juni vertreten – Kevin den SPD-Abgeordneten Thomas Kutschaty in der Opposition und Constantin den CDU-Parlamentarier Manfred Kuhmichel in der Regierungsfraktion.

Obwohl der 17-jährige Constantin schon politische Erfahrungen sammeln konnte, etwa als Vorsitzender der Essener Schüler-Union, ist der Jugend- Landtag für ihn doch etwas Besonderes: "Ich finde die Arbeit der Abgeordneten sehr aufregend und spannend. Beim Jugend-Landtag finde ich es gut, mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, die andere Ansichten vertreten und mit ihnen zu diskutieren." In seiner Fraktion bewirbt sich Constantin für den Fraktionsvorsitz, doch erfolglos: "Es gab fast 20 Bewerber, da war das ohnehin schwierig. Ich ärgere mich aber nicht, dass man mich nicht gewählt hat, schließlich ist das Ganze nur ein Spiel." Wenig Zeit, viel Arbeit
Interessantwird’s für diebeiden Borbecker in den Arbeitskreisen und den Ausschusssitzungen, denn zur Debatte stehen zwei Themen: "Wir haben über Zeugnisse für Lehrer und über eine Initiative gegen Gewalt, Drogen, Cyber-Mobbing und Killerspiele diskutiert", erzählt der 18-jährige Kevin. Besonders das Thema Lehrerbenotung weckt bei den Schülern reichlich Diskussionsbedarf, denn Mobbing und die freie Meinungsäußerung spielen dabei eine große Rolle. Das meistgenannte Beispiel ist das Internetportal spickmich.de, wo Schüler anonym ihre Lehrer bewerten können. Obwohl die Jugendlichen Kritik an den anonymen Bewertungen äußern, sprechen sie sich dennoch für den Erhalt des Portals und die freie Meinungsäußerung im Internet aus.

Durch ein zweiwöchiges Schülerpraktikum im Abgeordnetenbüro von Thomas Kutschaty kennt sich Kevin mit den Abläufen im Landtag aus und weiß, wie wenig Zeit die Abgeordneten manchmal haben: "Das ist bei uns genauso. Der Jugend-Landtag ist sehr stressig. Wir haben eine Sitzung nach der anderen und nur sehr wenig Zeit, um unsere Anträge und Reden vorzubereiten."

Doch so ist das Konzept gedacht, denn die Jugendlichen sollen spielerisch lernen, wie die echten Abläufe funktionieren und dass der Beruf des Politikers viel Zeit, Engagement und Nerven verlangt: "Leider interessieren sich viele junge Leute gar nicht für Landespolitik, obwohl sie sie direkt betrifft, etwa bei der Schul- und Hochschulpolitik. Ich verspreche mir vom Jugend-Landtag, dass die Jugendlichen ein stärkeres Gespür für politische Themen entwickeln und vielleicht selber Interesse daran haben, politisch aktiv zu werden", meint Oliver Keymis von den Grünen, der als Vizepräsident des Landtags viele Fragen der Jugendlichen beantwortet.

Ralf Witzel, Essener Abgeordneter der FDP, nimmt sich gleich alle drei Tage Zeit, um den Jugendlichen Rede und Antwortzustehen: "In unserer Fraktion sind gleich drei Jugendliche aus Essen dabei. Eine von ihnen ist Vivian Kühner, die zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde. Ich finde es richtig und wichtig, Jugendlichen einen Einblick in die Anläufe des Parlaments zu bieten. Ich habe mit 14 angefangen, mich politisch zu engagieren, doch ich weiß nicht, ob ich das damals genau so perfekt gemacht hätte wie viele junge Leute, die hier sind." Beschlüsse gehen ans echte Parlament
Sylvia Löhrmann, Fraktionsvorsitzende der Grünen und gebürtig aus Bergeborbeck, kann sich dem anschließen: "Der Jugend-Landtag schärft die politische Meinungsbildung und zeigt, wie wichtig es ist, sich gesellschaftlich zu engagieren. Die Jugendlichen sind sehr gut selbst organisiert und haben gute Ideen. Ihre Beschlüsse werden wir nach der Sommerpause in den Ausschüssen besprechen."
Gemeinsam und fraktionsübergreifend stimmen die Jugendlichen für einen Maßnahmenkatalog gegen Gewalt, Drogen, Cyber-Mobbing und Killerspiele. Damit sprechen sie sich für mehr Prävention in den Schulen und für einen bewussteren Umgang mit Medien aus. Außerdem verabschiedet das Jugend-Landesparlament einen Antrag, die Unterrichtsqualität durch ein unabhängiges Fachgremium überprüfen zu lassen und Bonuszahlungen für Lehrer zu ermöglichen. In zwei aktuellen Stunden debattieren sie zudem über eine Forderung für mehr Bildungschancen und das Thema Studiengebühren.

Constantin hat der Jugend- Landtag gut gefallen: "Es war schön, mit anderen Jugendlichen, die eine politische Meinung haben ins Gespräch zu kommen. Außerdem ist es schon etwas Besonderes, im Plenarsaal zu sitzen und die Landtagspräsidentin zu treffen." Auch Kevin ist mit den Ergebnissen zufrieden und überlegt, selbst in die Politik einzusteigen: "Ich kann mir gut vorstellen, später als Berufspolitiker zu arbeiten, vielleicht sogar im Landtag. Doch erstmal möchte ich studieren, am besten Politik- oder Sozialwissenschaften." PascalHesse

Quelle: Borbecker Nachrichten