Aus dem Gefängnis entlassene Sicherungsverwahrte, die mit dem Leben in Freiheit nicht zurechtkommen, sollen künftig auf eigenen Antrag vorübergehend wieder im nordrhein-westfälischen Justizvollzug Aufnahme finden können. Dies sieht ein Gesetzentwurf vor, den Justizminister Thomas Kutschaty heute (Donnerstag, 31. März 2011) in erster Lesung im Landtag vorgestellt hat.
"Die Landesregierung schließt eine noch bestehende Sicherheitslücke", betonte der Minister. Als Folge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 seien mehrere Sicherungsverwahrte entlassen worden. Bei einigen von ihnen könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie erneut schwere Straftaten begehen. Vor diesen Gefahren gelte es, die Bevölkerung nachhaltig zu schützen. Hierzu habe der Bundesgesetzgeber das Therapieunterbringungsgesetz (ThUG) und weitere Bestimmungen zur Führungsaufsicht geschaffen.
"Jedoch haben sich bundesweit bereits mehrere ehemalige Sicherungsverwahrte an die Justiz gewandt und von sich aus gefordert, erneut in staatliche Obhut genommen zu werden. Hier bieten die bundesgesetzlichen Regelungen bislang keine hinreichenden Möglichkeiten, um zum Schutz der Bevölkerung kurzfristig und effektiv reagieren zu können", sagte der Minister.
Die jetzt vorgesehene Art der Aufnahme sei keine Neuinhaftierung, sondern eine dem Schutz der Allgemeinheit dienende Krisenintervention von vorübergehender Dauer. Damit solle eine erkannte Gefahr frühzeitig entschärft werden. Minister Kutschaty: "Entlassene Sicherungsverwahrte fühlen sich nach langjähriger Inhaftierung durch die unerwartete Situation in Freiheit häufig überfordert. Zudem haben sich viele von ihnen ausreichenden Maßnahmen zur Vorbereitung ihrer Entlassung weitgehend verweigert."
Auch bei nicht mehr als gefährlich eingestuften früheren Sicherungsverwahrten bestehe das Risiko, dass sie in einer Krise ihren Hang zur Begehung schwerer Straftaten nicht mehr allein bewältigen können. Diesem Umstand trage der Entwurf Rechnung und eröffne den Betroffenen die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis vorübergehend in eine Einrichtung des Justizvollzuges zurückzukehren. Während des Aufenthalts solle versucht werden, den Betroffenen unter Einschaltung von Personen oder Einrichtungen außerhalb des Vollzuges zu stabilisieren.
"Vorübergehend bedeutet dabei nicht zeitlich unbegrenzt, wohl aber für die Dauer der Krise. Dieser Zeitraum kann daher nicht von vorneherein eindeutig umrissen werden", betonte der Minister und fügte hinzu: "Dieser Gesetzentwurf hilft Haushaltsmittel einzusparen. Den erheblichen Kosten einer Rundumbewachung durch die Polizei stehen hier lediglich die Kosten eines Haftplatzes im Strafvollzug gegenüber."