Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty hat sich mit Nachdruck für den Fortbestand der gerichtsinternen Mediation eingesetzt. In einem Offenen Brief an den Vorsitzenden des Bundestags-Rechtsausschusses, Siegfried Kauder, schrieb Kutschaty am Mittwoch (14. Dezember 2011) wörtlich:
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
am 15. Dezember 2011 beabsichtigt der Deutsche Bundestag die zweite und dritte Lesung des Mediationsgesetzes.
Nach den Beratungen im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags in überfraktioneller Einigkeit am 30. November ist von einem Ende der gerichtsinternen Mediation auszugehen. Ich halte dies für falsch und bitte Ihre geplante Entscheidung noch einmal zu überdenken.
Ziel der gerichtsinternen Mediation war es z.B. in Nordrhein-Westfalen von Beginn an, nicht nur mittelfristig eine Entlastung der Justiz herbeizuführen, sondern zugleich auch die außergerichtliche Mediation zu fördern. Nach einer Allensbach-Umfrage im Jahr 2010 hat mehr als die Hälfte aller Deutschen von der Mediation gehört. Dies ist vor allem ein Verdienst der gerichtsinternen Mediation. Die Gerichte haben Mediation unter diesem Namen bekannt gemacht und damit auch Impulse für die außergerichtliche Mediation gesetzt. Positive Erfahrungen mit der gerichtsinternen Mediation führen häufig dazu, dass die Parteien beim nächsten Mal schon vor Anrufung des Gerichts den Weg der Mediation beschreiten. Leider hat die Sachverständigenanhörung im Deutschen Bundestag zu dem Eindruck geführt, gerichtsinterne Mediation verzerre den Wettbewerb.
Die positiven Effekte gerichtsinterner Mediation für die außergerichtliche Mediation, insbesondere deren Breitenwirkung, fallen mit dem Beschluss des Rechtsausschusses nun zukünftig weg. Aus diesem Grund ist es auch nicht verwunderlich, dass sich auch freiberufliche Mediatoren dafür ausgesprochen haben, die gerichtsinterne Mediation gerade nicht aus dem Mediationsgesetz herauszunehmen, weil unverständlich sei, den Bürgerinnen und Bürgern dieses hochwirksame Instrument zu nehmen. Gerichtsmediation und außergerichtliche Mediation seien zwei ergänzende, sich nicht ausschließende Angebote. Der Verzicht auf Gerichtsmediation bringe den freiberuflichen Mediatoren keine zusätzlichen Aufträge.
Mir scheint, dass die positiven Effekte der gerichtsinternen Mediation auf die außergerichtliche Mediation in der politischen Debatte nicht die erforderliche Beachtung gefunden haben, wohingegen die Wettbewerbssituation nach meinem Dafürhalten überzeichnet worden ist. Gerichtsinterne und außergerichtliche Mediation sind Instrumente der Streitschlichtung, die ineinandergreifen.
In den letzten Jahren haben wir viele Richterinnen und Richter in NRW zu Mediatoren ausgebildet. Diese nehmen die neue Aufgabe mit großem Engagement und viel Erfolg wahr.
Auch aus diesem Grund wäre die Abschaffung der gerichtsinternen Mediation ein Rückschlag für die Weiterentwicklung der Justiz.
Ich werbe hiermit ausdrücklich dafür, auch und gerade unter diesen Gesichtspunkten auf die Streichung der gerichtsinternen Mediation aus dem Mediationsgesetz zu verzichten.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Kutschaty