„Das Schlimmste am Gefängnis ist die Entlassung!“

Justizministerium NRW und Bundesagentur für Arbeit haben heute (10.05.) eine verbindliche Kooperation bei der beruflichen Wiedereingliederung von Gefangenen und Haftentlassenen vereinbart.

Der zunehmende Fachkräftebedarf der Wirtschaft rückt auch Haftentlassene stärker in das Blickfeld des Arbeitsmarktes und erhöht die Chancen zur Wiedereingliederung.

Mehr als 16.000 Frauen und Männer verlassen jährlich die 37 nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten. Ein oft gehörter Satz lautet: „Das Schlimmste am Gefängnis ist die Entlassung!“. Nach festgelegten Tagesstrukturen das Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen, stellt eine große Herausforderung für die Entlassenen dar. Der Neuanfang – Unterkunft, Ausbildung oder Arbeit – wird durch das Stigma der Inhaftierung belastet.

Seit März 2011 haben Fachleute des NRW-Justizministeriums, des Kriminologische Dienstes des Landes und der Bundesagentur für Arbeit ein Übergangsmanagement für junge und ältere Haftentlassene entwickelt, um den Schritt in die Freiheit intensiver und stärker koordiniert zu unterstützen.

Die heute in Düsseldorf von NRW-Justizminister Thomas Kutschaty und Christiane Schönefeld, Vorsitzender der Geschäftsführung der NRW-Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, unterzeichnete Kooperationsvereinbarung „Gemeinschaftsinitiative B5“ ist ein wichtiger Schritt, die berufliche Wiedereingliederung von – insbesondere jüngeren – Strafgefangenen und Haftentlassenen in NRW zu verbessern.

„Der kontinuierlich steigende Bedarf an Fachkräften stellt auch die Gruppe der Haft-entlassenen in ein neues Licht. Waren Inhaftierungen bisher zu häufig unüberwindliche Hindernisse auf dem Weg in eine tragfähige Beschäftigung, ergeben sich jetzt zusätzliche Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die können aber nur erfolgreich genutzt werden, wenn alle beteiligten Institutionen sich stärker vernetzen und früh und intensiv kooperieren. Dadurch geben wir auch den Haftentlassenen das deutliche Signal, dass wir den Weg in die Gesellschaft gemeinsam ebnen“, so Christiane Schönefeld.

NRW- Justizminister Thomas Kutschaty macht deutlich: "Gerade der Übergang aus dem strukturierten Alltag einer Justizvollzugsanstalt in unsichere Lebensverhältnisse stellt offensichtlich eine „Hochrisikozeit“ für eine erfolgreiche Legalbewährung dar. Diese Risiken wollen wir weiter reduzieren. Wir wollen die Reintegrationschancen der Gefangenen verbessern und so der erneuten Straffälligkeit noch wirksamer vorbeugen, denn die erfolgreiche Resozialisierung ist der beste Opferschutz. Bei dieser wichtigen Präventionsaufgabe spielt nach unserer festen Überzeugung die berufliche Wiedereingliederung eine zentrale Rolle.“

NRW-weit kümmert sich in jeder Agentur für Arbeit ein Koordinator für Haftentlassene um die berufliche Integration von Strafgefangenen. In den vergangenen Jahren wurden unterschiedliche Modellprojekte entwickelt mit dem Ziel, die Angebote für die einzelnen Zielgruppen stärker an den individuellen Problemlagen zu orientieren und die Angebote der verschiedenen Akteure systematisch zu kombinieren.

Daraus wurde von den Experten die „Gemeinschaftsinitiative B 5“ entwickelt, die jetzt verbindlich den Übergang in die Freiheit und die Selbstverantwortung unterstützt.

Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt das Projekt finanziell und mit ihrem Dienst-leistungsangebot.

Fünf Module bilden das Gerüst des Übergangsmanagements:

B 1 – Berufsorientierung:

Integration von Informations-, Beratungs- und Trainingsangeboten zur vertieften Berufsorientierung in vollzugliche Bildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen.

B 2 – Berufsqualifizierung

Angebot arbeitsmarktnaher, zertifizierter und berufsfeldübergreifender Qualifizierungsmodule zur Verbesserung der Integrationsfähigkeit in den Arbeitsmarkt, insbesondere von Gefangenen mit kurzen Haftstrafen.

B 3 – Beschäftigungsvermittlung

Vorbereitung der Integration in den Arbeitsmarkt als Teil der Vorbereitung auf die Haftentlassung

B 4 – Beschäftigungsstabilisierung

Integration des Handlungskonzeptes Case Management in die Vollzugs- und Nachsorgeaktivitäten zur Arbeitsmarktintegration von (ehemaligen) Gefangenen

B 5 – Beschäftigungsanalyse

Weiterentwicklung zielgruppenspezifischer Qualifizierungs- und Beschäftigungsange-bote durch Wirkungsanalysen mit Blick auf die Weiterbildungsinhalte und – ziele sowie die Veränderung der verschiedenen Teilarbeitsmärkte.