Zum rechtsextremistischen Anschlag in Halle

11.10.2019 Liebe Leserin,
lieber Leser,
Jom Kippur ist der höchste jüdische Feiertag. Er ist ein Tag der Sühne und Vergebung – jüdische Gläubige bringen Opfergaben, beten und fasten.
Jom Kippur ist ein Tag der Stille.
Diese Stille hat am vergangenen Mittwoch ein rechter Terrorist in Halle jäh zerrissen. Zwei Menschen wurden sinnlos ermordet, weitere wurden verletzt. Über Stunden versetzte der Täter unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in einer Synagoge im Paulusviertel von Halle in Angst und Schrecken
Und warum?
Offenbar aus purem Hass.
Es war eine Tat mit rechtsextremistischem Motiv.
Das hat der Täter gestanden.
Es heißt, er sei ein Einzeltäter gewesen.
Aber was will man uns damit sagen?
Dass wir es hier nicht mit einem gesellschaftlichen Phänomen zu tun haben?
Das Gegenteil ist der Fall. Seit Jahren steigt die Anzahl der Gewaltdelikte durch rechtsradikale Tatverdächtige kontinuierlich an. Auch die Zahl antisemitischer Straftaten nimmt stetig zu.
Alles Einzeltäter?
Das kann und will ich nicht glauben.
Ich kann es auch nicht mehr hören.
Denn diese Menschen sind nicht allein. Sie sind miteinander vernetzt und sie verbindet eine menschenverachtende Ideologie.
Wir müssen uns endlich bewusst werden, dass unsere offene und freie Gesellschaft von Rechts bedroht wird.
Und dagegen müssen wir sowohl politisch als auch gesellschaftlich aktiv werden.
Wir als SPD-Fraktion werden das Thema nicht wieder von der Tagesordnung lassen. Wir werden Druck machen und für unsere offene und freie Gesellschaft einstehen.
Was fordern wir?
1.) Wir benötigen mehr Maßnahmen zur Demokratieförderung. Es geht um die Stärkung der politischen Bildung. Konkret heißt das: mehr Geld! Und zwar sowohl vom Bund als auch von den Ländern. CDU und CSU müssen dazu im Bund ihre Blockade gegen ein Demokratiefördergesetz aufgeben!
2.) Ein Lagebild Antisemitismus und Diskriminierung fehlt bisher völlig. Das brauchen wir aber dringend, um deutlich zu machen, wie groß die Bedrohung ist und welche Maßnahmen wir dagegen setzen können.
3.) Nur im Schulterschluss mit allen gesellschaftlichen Akteuren können wir den Kampf gegen Rechts führen. Daher fordern wir ein gemeinsames Aktionsbündnis, an dem alle relevanten Institutionen an einen Tisch kommen und die erforderlichen Maßnahmen umsetzen. Auch das von Rot-Grün eingeführteHandlungskonzept gegen Rechtextremismus muss von der schwarz-gelben Landesregierung konsequent weitergeführt und ausgebaut werden.
4.) Für religiöse Einrichtungen wie Synagogen und Moscheen müssenverstärkte Sicherheitsvorkehrungengetroffen werden.
5.) Unsere Sicherheitsbehörden müssen für rechtsextreme Taten stärker sensibilisiertwerden, z.B. durch eine/n Antisemitismusbeauftragte/n in der Polizei.
Das sind nur wenige Beispiele, die exemplarisch dafür stehen, was jetzt getan werden muss.
Wir als SPD-Fraktion werden darauf drängen, dass Maßnahmen wie diese umgesetzt werden.
Das sind wir den Opfern, das sind wir unserer freien und offenen Gesellschaft schuldig.
Mit nachdenklichen Grüßen
Ihr/Euer
Thomas Kutschaty