Mal wieder die Kinder miteinander spielen lassen. Mal wieder Freunde oder Familie zu Gast haben. Mal wieder auf ein Konzert oder in die Stadt gehen. Endlich mal wieder Nachrichten ohne Impfchaos, Mutatio nen oder R-Wert. Es gibt so viele Dinge, die früher so normal waren und auf die wir uns gerade mehr denn je freuen.
Doch die Pandemie hat uns auch gezeigt, dass die Rückkehr in diese Normalität nicht mehr das einzige Ziel sein kann. Pflegekräfte, Busfahrerinnen, Kassierer, Reinigungspersonal, Soloselbstständige, Gastronomen, Frisörinnen, Erzieher, Leh rerinnen, Auszubildende, Familien in Kurzarbeit – Corona zwingt uns, darüber zu streiten, was Leistung wirklich bedeutet. Wer sein Geld richtig anlegt, wird Krisengewinner? Wer mit harten Überstunden die Gesellschaft durch diese schwierige Zeit bringt, dagegen Verlierer?
Wir haben es in Nordrhein-Westfalen mit einer Regierung zu tun, die versucht, solche Fragen zu umgehen, Verantwortung auf Städte, Gemeinden und Menschen abzuwälzen, die persönliche sowie parteiliche Befindlichkeiten in den Mittelpunkt rückt, sich von Problem zu Problem hangelt, und damit Woche für Woche für neue Unklarheiten in der Krise sorgt. Gemeinsame Problemlösungen, die wir im Plenum, im Gespräch oder in mehreren Briefen angeboten haben, schlug Armin Laschet stets aus. Es ist sein Weg der Politik.
Die NRWSPD kann jetzt beweisen, dass sie es besser kann. Jetzt gilt es, Motivation und Überzeugung für einen sozialen Neustart zu zeigen. Das ist die Grundlage für neue Verantwortung. Dass der Landesvorstand mich für Spitzenkandidatur und Vorsitz nominiert hat, erfüllt mich deshalb mit großer Freude. Lasst uns beim anstehenden Landesparteitag gemeinsam eine neue Perspektive für Nordrhein-Westfalen entwickeln.
Hier müssen die gerechtesten Arbeitsbedingungen gelten. Damit Industrie bei uns weiter eine Heimat hat, werden wir bereits im Bundestagswahlkampf die Zukunftsfragen bei Infrastruktur, Digitalisierung und bei der Energie- und Klimapolitik in den Mittelpunkt der Debatte rücken. Unter einem Bundeskanzler Olaf Scholz hat NRW mehr zu erwarten als unter Söder, Baerbock oder Laschet.
Und auch bei den Dienstleistungen braucht es neue Ansätze. Hier bilden sich zwar immer neue Berufsbilder, doch Tarifbindung und Löhne – vor allem bei Frauen – sinken oft. Gemeinsam mit den Gewerkschaften wollen wir neue Leitlinien für Dienstleistungen erarbeiten und damit für eine Umkehr sorgen. Dabei kommt man an der gerechten Wertschätzung von Lebensleistung nicht vorbei. Denn eine gute Rente muss immer wieder neu erkämpft werden.
Jedes Kind, das in NRW eingeschult wird, muss die Chance haben, das Beste aus dem Leben zu machen. Zu häufig entscheiden die Postleitzahl oder der Geldbeutel der Eltern. Das Land muss an den Orten, wo Herausforderungen groß sind, mehr Verantwortung zeigen und stärker in Berufsschulen, Schulen und Kitas investieren. Lehrberufe müssen attraktiver werden, die Gehälter endlich deutlich angehoben werden
Lasst uns zudem dafür sorgen, dass es hier die besten Wohnverhältnisse in ganz Deutschland gibt. Auf dem Miet- und Immobilienmarkt wird das Leben in vier Wänden in NRW immer mehr zum Spekulationsobjekt. Alle 12 Minuten fällt eine Sozialwohnung weg. Gleichzeitig wird der Erwerb von Eigentum zunehmend exklusiv unter Erben ausverhandelt. Mit einem zeitgemäßen Verständnis von Solidarität, Wertschätzung und wirklicher Leistung hat dies immer weniger zu tun. Landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, Impulse für neue Werkswohnungen, mehr Mietschutz, gerechte Bodenpolitik – NRW muss von der Besuchertribüne runter und wieder Akteur für gute Wohnverhältnisse werden.
Wir kämpfen auch für ein Gesundheitssystem, in dem Menschen wieder Patienten und keine Fallpauschalen mehr sind. Dafür brauchen wir eine Reform der Krankenhausfinanzierung, die sich dem Verdrängungswettbewerb des Marktes entzieht. Nicht erst Corona zeigt: Qualität und Wohnortnähe müssen entscheiden. Die schwarz-gelben Schließungspläne führen gerade jetzt nicht weiter.
Arbeit, Bildung, Wohnen, Gesundheit – hier ergibt sich eine neue Perspektive für NRW und somit für die SPD in NRW. Mit den Menschen eine gemeinsame Überzeugung aufbauen – gerade unsere Mitglieder haben immer wieder gezeigt, dass genau sie das können. Unsere Neugier, unsere Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern schlagen jede Marktforschung.
Deshalb möchte ich mit Eurer Unterstützung von mindestens 100.000 Menschen in NRW erfahren, was sie von unseren Ideen konkret halten, was sie bewegt, aber auch, was wir endlich anders machen müssen. So erstellen wir ein Zukunftsprogramm, das aus der Sicht der Menschen in NRW erarbeitet wird.
Mit dem Finger am Puls der Zeit – mit diesem Politikverständnis hat die Sozialdemokratie das Land geprägt und wird dies weiterhin tun. Lasst uns dafür zusammen loslegen.
Euer Thomas Kutschaty
Artikel im Vorwärts 01-2021 als pdf